Das verschollene Testament

Man stelle sich vor: Jemand stirbt, ein falscher Erbe kommt zum Zug. Fast 10 Jahre später taucht ein Testament auf und die rechtmäßige Erbin wird verständigt. Der (falsche) Erbe hat aber kein Vermögen mehr ... Was nun?

Der Sachverhalt:

Herr K. verstirbt im Jahr 2005 und hinterlässt seiner Nichte (Frau W.) mittels Testament ein beträchtliches Barvermögen. Es erfolgt – wie üblich – eine Verlassenschaftsabhandlung. Allerdings wird das erwähnte Testament im Verlassenschaftsverfahren aufgrund eines Fehlers damals nicht berücksichtigt. Dies führt dazu, dass nicht Frau W. als rechtmäßige testamentarische Erbin den Nachlass erhält, sondern das gesamte Vermögen an den Bruder des Verstorbenen im Zuge der gesetzlichen Erbfolge übertragen wird.

Im Jahr 2014 wird der Fehler bemerkt, Frau W. wird vom Gericht verständigt, dass ihr Onkel sie damals in seinem Testament zur Erbin eingesetzt hat, sie hätte daher im Jahr 2005 erben sollen. Frau W. beauftragt unsere Kanzlei mit ihrer Rechtsvertretung.

Das Problem:

Der Nachlass war in der Zwischenzeit nicht mehr vorhanden, der Bruder des Verstorbenen war im Jahr 2014 bereits völlig vermögenslos. Eine Klage gegen den Bruder des Verstorbenen war aussichtslos. Zwar hätte das Beweisverfahren ergeben, dass er nicht der rechtmäßige Erbe war, aber tatsächlich wären von ihm keine Geldbeträge einbringlich zu machen gewesen. Zudem ist der Bruder selbst im Jahr 2015 (vermögenslos) verstorben.

Die Lösung:

Wir haben daher eine Amtshaftungsklage beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien gegen die Republik Österreich eingebracht. Im Zuge des Beweisverfahrens haben wir herausgearbeitet, dass das Testament aufgrund eines Fehlers des Gerichtes unberücksichtigt geblieben ist. Sämtliche Einwendungen der Gegenseite (andere Auslegung des Testaments, Verjährung etc.) konnten wir widerlegen.

Das Ergebnis:

Unserem Klagebegehren wurde in erster Instanz vollinhaltlich Folge gegeben. Die Republik Österreich (beklagte Partei) erhob gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung, die das Oberlandesgericht Wien jedoch abgewiesen hat.

Das Urteil ist nun rechtskräftig. Wir konnten für Frau W. einen Schadenersatzbetrag von rund EUR 65.000,-- durchsetzen.