Ehegattenunterhalt nach der Scheidung

Wann beginnt eine neue Lebensgemeinschaft und endet (ruht) damit der Unterhaltsanspruch gegenüber dem Ex-Gatten?

Der OGH hat den Begriff der Lebensgemeinschaft in einer aktuellen Entscheidung näher definiert.

Vorgeschichte: Die Ehe der Streitparteien wurde einvernehmlich geschieden, der Ehemann verpflichtete sich zur monatlichen Unterhaltszahlung an die Ehefrau von EUR 811,36.

Was geschah dann?

Die Ex-Ehefrau lernte einen Mann kennen, seit sechs Jahren verbringt sie fast jedes Wochenende mit ihm, und zwar abwechselnd in ihrem Haus und in seiner Wohnung bzw. seinem Haus. Sie verbringen zwei Urlaube pro Jahr gemeinsam, beide nehmen regelmäßig Familienfeiern des Partners teil, der Mann entwickelt sich als eine Art Ersatzpapa für den jüngsten Sohn der Frau. Er teilt gern Fotos von gemeinsamen Ausflügen mit der Frau und ihren Kindern auf Facebook und gibt dort auch bekannt, dass er "in einer Beziehung" sei. Weihnachten wird immer gemeinsam gefeiert. Der Mann arbeitet gerne im Garten der Frau, wo er zB einen großen Baum fällt, einmal jährlich die Hecke schneidet und auch sonstige Arbeiten verrichtet (Installation einer Alarmanlage, Transport eines Kühlschrankes …) Es bestehen getrennte Konten, jeder bezahlt die Ausgaben für sein eigenes Haus.

Rechtlicher Hintergrund:

Der Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehepartners ruht, solange dieser in einer neuen Lebensgemeinschaft lebt. Eine gesetzliche Definition des Begriffes Lebensgemeinschaft gibt es nicht, der OGH versteht darunter aber ein "jederzeit lösbares, familienrechtsähnliches Verhältnis, das der Ehe nachgebildet, aber von geringerer Festigkeit ist" (1 Ob 188/72). Es muss von gewisser Dauer sein und besteht aus den Elementen Wohngemeinschaft, Wirtschaftsgemeinschaft und Geschlechtsgemeinschaft (7 Ob 225/63).

Gerichtliche Beurteilung:

Das Erstgericht hat im vorliegenden Fall ausgesprochen, dass der Unterhaltsanspruch des Ex-Gatten ruhe, weil eine neue Lebensgemeinschaft vorliege. Es bestehe zwar keine Wohngemeinschaft, aber jedenfalls eine Geschlechtsgemeinschaft und auch Elemente einer Wirtschaftsgemeinschaft. In der heutigen Zeit seien oft beide Partner berufstätig und hätten auch Ehepartner oft getrennte Konten, sodass dieses Kriterium nicht zu eng gesehen werden könne. Das Berufungsgericht schloss sich dieser Rechtsansicht an und führte aus, dass "die Regelmäßigkeit der gemeinsam verbrachten Wochenenden und Urlaube entspreche der nicht seltenen Gestaltung einer Ehe, wenn beispielsweise die Partner unter der Woche beruflich an unterschiedliche Orte gebunden seien".

Der OGH allerdings erachtete die "bloßen abwechselnden Wochenendbesuche für die Annahme eines gemeinsamen Lebensmittelpunkts als nicht ausreichend" für eine Wohngemeinschaft. Für eine Wirtschaftsgemeinschaft sei ein Mindestmaß unverzichtbar, die festgestellten Tätigkeiten des Mannes würden angesichts der sonst völlig fehlenden wirtschaftlichen Verflechtungen im Sinn einer gemeinsamen Haushaltsführung, eines gemeinsamen Wirtschaftens, gemeinsamer Konten oder einer weitreichenden gegenseitigen finanziellen Unterstützung für die Annahme einer materiellen Wirtschaftsgemeinschaft nicht ausreichen. Die gebotene Gesamtschau ergab somit, dass zwischen der Frau und dem Mann - neben der unstrittig gegebenen Geschlechtsgemeinschaft - lediglich eine teilweise Wirtschaftsgemeinschaft, nämlich beschränkt auf die zwischenmenschliche Komponente, vorliege. Dies reicht aber für die Annahme einer Lebensgemeinschaft nicht aus.

Der Ex-Mann muss daher weiterhin Ehegattenunterhalt bezahlen.

Die gesamte Entscheidung des OGH: 3 Ob 35/20y.