Skifahrer aufgepasst!

Zur Kostentragung bei Flugrettungseinsätzen

Bei einem Zusammenstoß auf einer Skipiste wurde der von uns vertretene Kläger von der flotten beklagten Skifahrerin verletzt. Die Haftpflichtversicherung der Beklagten übernahm zunächst nach Aufforderung durch uns "ohne Präjudiz" nur 50% der von uns geforderten Schadenersatzbeträge (Schmerzengeld, Haushaltshilfe und sonstige Spesen) und wendete ein Mitverschulden unseres Klienten ein.  

Ausdrücklich nicht bezahlen wollte die gegnerische Haftpflichtversicherung die Kosten des Hubschraubertransportes ins Krankenhaus, und zwar nicht einmal zur Hälfte. 

Wir haben daher die restlichen 50% der Schadenersatzbeträge sowie 100% der Hubschrauberbergekosten eingeklagt.

Rechtliche Beurteilung der ersten Instanz:

Schon das Erstgericht (Bezirksgericht Bad Ischl) hat festgestellt, dass die beklagte Skifahrerin den Unfall rechtswidrig und schuldhaft verursacht hatte und unseren Kläger kein Mitverschulden treffe, da er die sich von hinten annähernde Beklagte nicht wahrnehmen konnte. Zur Thematik der Hubschrauberkosten hat das Erstgericht aber in seiner rechtlichen Beurteilung ausgeführt: 

"Sobald die Sozialversicherung Krankenbehandlungskosten ersetzt, gehen sämtliche damit verbundenen Ansprüche gemäß § 332 ASVG auf den Sozialversicherungsträger über, somit auch die Transportkosten. Dem Kläger fehlt diesbezüglich daher die Aktivlegitimation, sodass die Hubschraubertransportkosten nicht zuzusprechen waren (vgl. OGH vom 10.05.1989, 2 Ob 158/88)."

Gegen diese Entscheidung mussten wir natürlich Berufung aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung einbringen, zumal das Erstgericht festgestellt hatte, dass der Kläger die Rechnung des Österreichischen Roten Kreuzes ja bezahlt hatte.

Rechtliche Beurteilung der zweiten Instanz:

Die 2. Instanz, das Landesgericht Wels, gab unserer Berufung Folge und führte aus: 

"Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, wonach für den Hubschraubertransport das Österreichische Rote Kreuz an den Kläger am 06.03.2019 eine Rechnung über EUR 3.789,42 gelegt hat, welche dieser auch bezahlte, und zum Rückersatz dieser Kosten durch den Krankenversicherungsträger eine Negativfeststellung vom Erstgericht getroffen wurde, ist die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts korrekturbedürftig. Bei den Krankentransportkosten handelt es sich um Heilungskosten iSd § 1325 ABGB. Ersatzberechtigt ist nach einhelliger Rechtsprechung und Lehre derjenige, der sie getragen hat, auch wenn es sich dabei um eine vom Verletzten verschiedene Person handelt.    

Durch den Verweis von § 144 Abs 5 ASVG auf § 135 Abs 4 ASVG wird für Transportleistungen (aber) auch im Rahmen der Anstaltspflege der Sachleistungsgrundsatz durchbrochen, sodass nur ein Kostenersatz beziehungsweise Kostenzuschuss für die Leistungserbringung durch die Sozialversicherungsträger erfolgt (…). Durch den Verweis von § 144 Abs 5 ASVG auf § 135 Abs 4 ASVG wird für Transportleistungen (aber) auch im Rahmen der Anstaltspflege der Sachleistungsgrundsatz durchbrochen, sodass nur ein Kostenersatz beziehungsweise Kostenzuschuss für die Leistungserbringung durch die Sozialversicherungsträger erfolgt, wobei nicht die gesetzlichen Sozialversicherungen, sondern die Länder beziehungsweise Gemeinden die Aufgabe haben, Rettungs- und Krankenhaustransportdienste einzurichten und zu betreiben. Für den Kostenersatz bei Transportleistungen einschließlich Flugrettungsleistungen sind danach also von den Krankenversicherungsträgern grundsätzlich keine Vollkosten zu übernehmen, sondern haben sie nur einen Kostenersatz beziehungsweise einen Kostenzuschuss an die Versicherten zu leisten (…).

Grundsätzlich hat daher der Kläger einen Anspruch auf Kostenersatz beziehungsweise Kostenzuschuss gegenüber dem Sozialversicherungsträger für den Hubschraubertransport in das Krankenhaus.

Für den zusätzlichen Aspekt, dass ein Dritter dem Transportierten gegenüber schadenersatzpflichtig für die Krankentransportkosten ist und damit auch die Legalzession des § 332 ASVG (§ 125 B-KUVG) ins Spiel kommt, kann dies in weiterer Folge aber nur bedeuten, dass dann, wenn - wie hier im Gegensatz zur Entscheidung 2 Ob 158/88 - keine 22 R 267/21b Sachleistungsverpflichtung, also keine Rechtspflicht zum Transport zu einem bestimmten Preis gegenüber den Sozialversicherungsträgern besteht und wonach dann die Beförderungsleistung als eine eigene Sachleistung des Sozialversicherungsträgers erbracht würde (vgl etwa 2 Ob 192/13v mwN; Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm, § 131 ASVG Rz 19; Pacic, Rettungseinsätze und Krankentransportleistungen, Zivil- und Sozialrechtliche Aspekte ihrer Finanzierung, ZVR 2015/245 [Sonderheft]), die Legalzession (wenn überhaupt höchstens) nur den nach dem Gesetz beziehungsweise der Satzung beziehungsweise nach der Vereinbarung mit den Rettungsorganisationen geregelten Kostenzuschuss umfasst, den der Sozialversicherungsträger dem Versicherten (direkt) leisten müsste, im darüber hinausgehenden Umfang (bis zur Höhe der tatsächlich entstandenen angemessenen Kosten) aber der Versicherte beziehungsweise jener, der die Transportkosten getragen hat, gegenüber dem Schädiger beziehungsweise dessen Haftpflichtversicherung (eben im Rahmen der verbliebenen „Selbstkosten“) anspruchsberechtigt bleibt (vgl so auch: Neumayr/Huber in Schwimann/Kodek, ABGB4, § 332 ASVG Rz 44; 2 Ob 158/88 = ZVR 1990/132 [Notarzthubschrauber mit Anm. Welser]; Schrammel/Welser, Die Kostentragung bei Flugrettungseinsätzen, S 63 f).

Der Kläger bleibt daher jedenfalls aktivlegitimert für den Kostenanteil des Hubschraubertransports, der nicht durch einen Kostenersatz beziehungsweise Kostenzuschuss durch den Sozialversicherungsträger gedeckt ist."

Wir konnten damit 100% der Schadenersatzansprüche für den Kläger durchsetzen.  

Die Entscheidung ist rechtskräftig.